Jugendliche aus Bad Belziger Schulen sind unter Anleitung des Künstlers Rudolf als Friedensstifter unterwegs - sie machen die Stadt zu einem "Ort von Steine ohne Grenzen.

Anastasia Milojevic
Handarbeit beim Friedensprojekt: Anastasia Milojevic von der Krause-Tschetschog-Oberschule

"Je ungeistiger, brutaler die Gegenwart, desto geistigeres, feineres, muss man tun. Das ist starksein", heißt es auf einem der großen Sandsteine, die aktuell auf dem Areal des neuen soziokulturellen Zentrums in Bad Belzig bearbeitet werden. Die Worte stammen von Otto Freundlich, der 1943 von den Nazis ermordet wurde. "Er war nicht nur Maler und Bildhauer, sondern auch Philosoph", so Rudolf Kaltenbach und schaut dabei Anastasia Milojevic über die Schulter. Die Achtklässlerin hält in der einen Hand einen Knüpfel, in der anderen ein Eisen zur Sandsteinbearbeitung. Zentimeter für Zentimeter meißelt sie die Buchstaben in den Stein. Wenige Schritte entfernt arbeiten Lukas Lang und Jonas Stolze Friedenstauben in einen zweiten Stein. Sie tragen Schutzbrillen, um sich durch umher fliegende kleine Sandsteinkörnchen nicht zu verletzten. Wieder andere Schüler arbeiten an zwei weiteren Steinhälften. Sie treiben die Umrisse von Füßen, Händen und Munition in den Stein.

Mal hier, mal dort steht der Berliner Bildhauer und Diplom Designer Rudolf Kaltenbach bei den Schülern. Er gibt Tipps im Umgang mit den Werkzeugen und ist mit ihnen im Gespräch - denn die Motive, die immer deutlicher in die Steine gemeißelt werden, haben Bezüge zu Bad Belzig. Positive und negative.
In einer kleinen Pause berichtet Kaltenbach vom gemeinsamen Findungsprozess zur Gestaltung der Sandsteinblöcke. Er erklärt, dass die vielen Fußabdrücke den täglichen Marsch der im KZ-Außenlager Roederhof inhaftierten Frauen vom Lager im Grünen Grund zur Munitionsfabrik an der Lübnitzer Straße darstellen. Die Hände sollen symbolisieren, dass Munitionsproduktion und unsagbare Grausamkeit im Lager durch Menschenhand geschah. "Daneben stehen die positiven Zeichen, wie die Friedenstauben, das Friedenszeichen und Otto Freundlichs Worte", erklärt der Künstler.


Die 25 Schüler aus den 8. und 9. Klassen der Krause-Tschetschog-Oberschule arbeiten derweil abwechselnd an den Sandsteinen. Während jeweils ein Teil der Gruppe mit der Steinbearbeitung beschäftigt ist, sitzt der andere in einem großen Zelt im Gespräch mit Silvia Fohrer. Sie ist die Lebensgefährtin von Rudolf Kaltenbach. Auch Inge Richter, die Vorsitzende der Förderkreises Roederhof und Gerd Pohl, der das Projekt angeschoben hat, gehören zu den Gesprächspartnern, die mit den Schülern über eines der dunkelsten Kapitel der Stadtgeschichte sprechen - das KZ Außenlager Roederhof und die gleichnamige Munitionsfabrik.


"Ich kenne diese Vergangenheit", sagt Anastasia Milojevic und erzählt, schon während der Grundschulzeit an Gedenkveranstaltungen im Grünen Grund teilgenommen zu haben. Andere haben noch nicht so viel Hintergrundwissen über das Geschehen während des Zweiten Weltkrieges am Rand der Stadt.

Friedenstauben mit Kalksteinstaub am Gedenkstein im Grünen Grund "gemalt" von Schülern der Krause-Schetschog-Oberschule

 

Mit Inge Richter, Rudolf Kaltenbach und Silvia Fohrer machen sich die Schüler am Mittwoch auf den Weg zur Gedenkstätte. Mit der Schablone einer Friedenstaube und Sandsteinstaub setzen sie auf dem Weg dorthin und vor dem Gedenkstein im Grünen Grund temporäre Zeichen gegen Krieg und Gewalt. Eine weitere Station und Informationsquelle über das Lager und die Munitionsfabrik Roederhof wird für die Schüler die Stele an der Lübnitzer Straße. Von dort aus geht es zurück auf das Areal des neuen soziokulturellen Zentrums, wo die bildhauerischen Arbeiten fortgesetzt werden. In der kommenden Woche übernehmen Schüler des Bad Belziger Fläming-Gymnasiums den Staffelstab und werden die Arbeiten an den Kunstobjekten beenden.