Moralische Pflicht stets ehrlich erfüllen

Vor kurzem weilten 10 sowjetische aus Altes Lager bei Jüterbog als Gäste in der Wohngruppe V des DFD in Belzig. Ein Freundschaftsvertrag verbindet diese beiden Frauengruppen. Elfriede Göldner , stellvertretende Vorsitzende der Belziger DFD-Gruppe, bestätigte in einem kurzen Gespräch: „Unsere Beziehungen sind stets von großer Herzlichkeit.“ Wir machen uns gegenseitig kleine Geschenke, tauschen unsere Gedanken aus und sind immer wieder eine fröhliche Runde.“

Mahnmal besucht

Es stand ein Besuch des Mahnmals des ehemaligen Außenlager des Frauen-KZ Ravensbrück am Röderhof auf dem Plan. Zutiefst berührt waren die Gäste, als sie aus dem Munde der Belzigerinnen erfuhren, welches Leid die die ehemals gefangenen Frauen erdulden mußten. Wenig später legten die sowjetischen Frauen am Gedenkstein am Belziger Gertraudtenfriedhof einen Kranz nieder. Namen von Bürgern verschiedener Nationalitäten, darunter auch russische sind in den Stein gehauen.

Und trotz alledem sind die Begegnungen der Frauen beider Länder stets herzlich und freundschaftlich. Die sowjetischen Menschen wissen nicht nur, daß in unserem Teil Deutschlands ein neuer humanistischer Geist herrscht, sondern sie spüren es träglich, auch während der Begegnung mit deutschen Frauen.

Selbst mithelfen

Es ist so, meine ich, einfach unsere moralische Pflicht, die Freundschaft zu den Sowjetmenschen täglich erneut zu pflegen; denn sie sollen immer und überall spüren, daß wir mit den deutschen Barbaren von einst nichts mehr gemein haben, weil wir das Leben lieben. Die Mahnmale und Gedenksteine sind stumme Erinnerungen an eine grausame Vergangenheit. Die in Stein gemeißelten Namen der Toten verpflichten uns aber, alles zu tun, um den Frieden der Welt zu erhalten. In Westdeutschland schüren die deutschen Imperialisten den Krieg, den die amerikanischen Imperialisten in Vietnam vom Zaune brachen. Ist es jeder jungen Mutter überhaupt bewußt, wie nahe Vietnam ist, auch wenn uns Tausende Kilometer geographisch gesehen von diesem Land trennen? Den Imperialisten, besonders den westdeutschen, ist kein Weg zu weit und jedes Mittel, auch der Krieg, willkommen, um ihre Machtsucht zu stillen. Tun wir also etwas für den Frieden, setzen denen, die ihn stören wollen, Grenzen, in Belzig, in Deutschland, in Vietnam, in der Welt. Nein, liebe Frauen, mir geht es nicht darum Sie in Panik zu versetzen. Die eine Seite der Tätigkeit der DFD-Wohngruppe V, die Geschehnisse im Hitlerregime, die Begierde der westdeutschen Imperialisten und das verwerfliche Sengen und Morden in Vietnam durch die Amerikaner wollte ich Ihnen vor Augen führen, um Ihnen klar zu machen, wie notwendig es ist, nur zu Hause abzuwarten, was die anderen für den Frieden tun, sondern selbst Hand anzulegen.

Hingehen

„Die älteren Frauen, die den zweiten Weltkrieg miterlebten, sehen wir immer bei unseren Zusammenkünften, die jungen Mütter stehen vielfach aber noch abseits. Ihnen aber müßte die Erhaltung des Friedens doch besonders am Herzen liegen.“, bemerkte Elfriede Glöckner, selbst Mutter von 4 Kindern, die es gern sehen würde, wenn die Mitglieder des DFD einen Raum in der Stadt hätten, den sie selbst ausgestalten und wo die DFD-Gruppen sich treffen könnten. Das wird nicht gleich gehen. Nun, vielleicht sollte die eine oder andere Frau doch einmal in so eine DFD-Gruppe hineinschauen, unverbindlich erst. An den langen Winterabenden ist vielleicht doch die Zeit nicht ganz so knapp bemessen. Vielleicht berichten die DFD-Wohngruppen einmal an dieser Stelle, wie so ein Abend mit den Frauen gestaltet wird.

Manfred Bleck


Quelle: Kreisarchiv Potsdam-Mittelmark, Zeitungsarchiv, Märkische Volksstimme von Dienstag, den 8.11.1966, S. 5