Einweihung der Stele am Geweihaus

Einweihung der Stele am Geweihhaus Bad Belzig

Vor 75 Jahren endete der Zweite Weltkrieg. Er hatte 60 Millionen Menschen das Leben gekostet. In Belzig sorgten mutige Bürger dafür, dass die Stadt am 3. Mai kampflos an die Rote Armee übergeben wurde.
Mit dem Einmarsch der Roten Armee endete im KZ-Außenlager Roederhof im Grünen Grund zugleich das Martyrium von 63 noch lebenden Frauen. Während etwa 600 weitere KZ-Häftlinge eine Woche zuvor gen Westen in Marsch gesetzt worden waren, hatte man diese nicht mehr gehfähigen Frauen ihrem Schicksal überlassen. Acht weitere waren in der Zwischenzeit verstorben, eine erschossen worden.

Zum Gedenken an all diese Menschen hatte der Förderkreis Roederhof am Weltfriedenstag in den Grünne Grund eingeladen. Etwa 30 Bad Belziger versammelten sich am Gedenkstein und legten, nachdem das traditionelle Gedenken am 3. Mai aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden musste, Blumen nieder. Danach gingen sie gemeinsam den Weg, den die Inhaftierten des KZ-Außenlagers Roederhof zur täglichen Arbeit in die gleichnamige Munitionsfabrik gehen mussten.
Am „Geweihhaus“ in der Lübnitzer Straße wurde Halt gemacht. Dort steht seit Mai eine Stele. Deren offizielle Einweihung im Mai war aufgrund der Corona-Pandemie ebenfalls ausgefallen; jetzt  wurde sie Teil des Gedenkens am Weltfriedenstag. „Die Stele ist ein weiteres, wichtiges Stück Erinnerungskultur“, so Bürgermeister Roland Leisegang (parteilos). Er dankte den Mitgliedern des Förderkreises Roederhof für ihr Engagement, das dunkelste Kapitel der Stadtgeschichte vor dem Vergessen zu bewahren, und mahnte, dass Erinnerungskultur mit Blick auf rechte Tendenzen und die Kriegsherde dieser Welt wichtiger denn je ist. Inge Richter, die Vorsitzende des Förderkreises, erklärte den Hintergrund der Stele.
Vor 100 Jahren hatte der Belziger Stadtförster Arndt das Wohnhaus an der Lübnitzer Straße erworben und den Erker in der Vorderfront mit der Trophäe eines erelgeten Rothirsches geschmückt. Für Vorbeikommende deutete das Geweih an, dass im Haus ein Förster lebte. Für die Belziger hatte es keinerlei weitere Bedeutung. Anders jedoch für die Frauen des KZ-Außenlagers Roederhof. „Kamen sie den kleinen Hügel vom Lager im Grünne Grund hinauf, erblickten sie das Geweih am Erker des Hauses. Überlebende berichteten immer wieder, dass es für die Frauen zu einem Symbol für Hoffnung und Freiheit wurde“, erklärt Inge Richter. Mit der Stele gelang es außerdem, eine sichtbare Verbindung zwischen Lager und Munitionsfabrik herzustellen.
Weiter führte der Weg von der Lübnitzer Straße zu den Resten der frühen Fabrik. „Die im KZ-außenlager Roederhof inhaftierten Frauen mussten dort Munition herstellen, die zur Vernichtung ihrer eigenen Länder und deren Bevölkerung verwendet wurde. Es gab selbst im Angesicht des Todes Frauen, die der Produktion Sabotage verübten. Wären sie erwischt worden, hätte das ihren Tod bedeutet“, erläuterte Inge Richter.
Heute, sieben Jahrzehnte nach Kriegsende, stößt man im Wald an der Lübnitzer Straße noch immer auf Reste der früheren Munitionsfabrik. Es sind stumme Zeugen eines Krieges, der unfassbares Leid über die Menscheit brachte. (KRÄ)

Foto: Bärbel Krämer

BRAWO vom 6.9.2020